Montag, 20. Juli 2009

Auf den Dächern Hamburgs

Es war nicht das erste Mal, dass ich mich aussperrte, doch mit Sicherheit das aufregenste...
Die tägliche Routine lief nach dem Schellen des Weckers ab. Zum Schluss eben noch das bisschen Marmelade auf Toast in den Mund geschoben und schnell los zum Dienst - fünf Minuten zu spät und so.
- "Klack!", "Moment... VERDAMMT!" -
Zusammenreißen und Richtung Arbeit, denn schließlich wird die Tür nicht wieder plötzlich aufspringen. In Gedanken die Möglichkeiten abwägen:
* Vermieter im Urlaub, Handynummer vorhanden.
* Nachbar unter mir noch da. Stellen wir trotzdem nochmal zurück...
* Schlüsseldienst... seeehr teuer.
* Woanders wohnen? Niemals! Bei wem denn und vor allem zwei Wochen lang!?
* Ach ja, ein Dachfenster steht offen.
Doch bevor ich mir etwas McGyverhaftes daraus zusammenbasteln konnte, riefen 60 hungrige Kindermünder und ein Haufen Hauswirtschaft nach mir.
In der Mittagspause - also gegen halb Vier - marschierte ich schnurstracks nach Hause und rief vergeblich den verreisten Piet, meinen Vermieter an. Aussichtslos. Dann eben bei den Nachbarn schellen, die können sicherlich irgendetwas machen, sagen, zumindest schief gucken... Frau Haarmeyer erwies sich als liebe gemütliche Dame mittleren Alters, die sich aufmerksam meinem Problem widmete, doch auf Anhieb keine Hilfe wusste. Es musste also Plan X her, den ich bereits zwischen Spülmaschine und Müllbeutel entwickelte, aber lediglich für den Ernstfall aufgehoben habe - und tatsächlich war dies einer. Zurück in der Kita, fragte ich nach der ausführlichen Schilderungen meiner gurkigen Situation, den Papa der Nachbarskinder nach einer längeren Leiter und sah den ersten Schimmer Hoffnung, als er mit einem leichten Schmunzeln auf die Rückwand seines Gartenschuppens verwies. Hier hilft man sich eben!
Nach Feierabend brach ich also in den Nachbarsgarten ein und borgte mir eine antike Dreimeterleiter aus Holz, Pilzen und Spinnweben, bevor ich nochmals freundlich bei Frau Haarmeyer schellte. Nach kompliziertem Hinaufzirkeln durch das Treppenhaus und die Wohnung, standen wir schlussendlich auf ihrem Balkon, schoben den Strandkorb zur Seite und setzten die Leiter an die Regenrinne. Gut, dass ich keine Höhenangst habe... *räusper*
Dachziegel liegen gar nicht so fest wie man vielleicht denkt. Das Hochklettern war schwierig, denn ständig hatte ich das Gefühl abzurutschen und in den sicheren Tod 10 Meter unter mir zu stürzen. Dann saß ich auch schon auf dem oberen Dachfirst. Bloß keinen Blick gen Boden wagen, tief durchschnaufen, Schweiß wegwischen und weiterkraxeln - die Gesellschaft der Pilze hier oben war mir dann doch etwas zu anspruchslos. Nun hieß es absteigen... das Fenster stand zum Glück wirklich offen, sonst wäre ich womöglich wahnsinnig geworden. Vorsichtig am Rahmen abstützen und schon landenten meine Schuhe auf dem Schreibtisch mit Karl dem Kaktus - geschafft! Mit zwei Sätzen hechtete ich zur Tür und meinem Schlüssel, öffnete sie und grinste Frau Haarmeyer entgegen.
Und die Moral von der Geschicht': Vergiss deine Haustürschlüssel nicht (nochmal)!

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