Sonntag, 20. September 2009

Tocotronic

Die Flora feiert 20 Jahre Besetzung und halb Hamburg möchte dabei sein. Zu diesem Anlass kündigten sich die alten Hasen von Tocotronic an, die immerhin ihr allerstes Konzert eben hier spielten. Kein Wunder also, dass die Schlange vor dem Laden bereits zwei Stunden vor Einlass unendlich lang war. Erprobt durch Oasis und anderen Bands, fand ich meinen Weg durch die Menge und mischte mich unter die ersten 100 Leute , sodass mein Einlass so gut wie möglich abgesichert war. So kam ich mit diversen Menschen ins Gespräch, Schüler, Studenten und anderer Abschaum aus St. Pauli bescherte mir einen grandiosen Abend. Neue Bekanntschaften schloss ich bereits in der Schlange vorm Eingang, ein faszinierendes Ergebnis der Propagandamaschinerie, denn alle waren sie da und hineinpassen würden nur die wenigsten - oasiserprobtwie ich bin, sicherte ich mir den Platz durch dezentes "Nicht-hinten-sondern-vorne-Anstellen", lachte noch mit einem Geografiestudenten über die Leute, die sich wirklich brav in eine Reihe bis zum Kiosk hinstellten und trank mein Bier - noch eine Stunde bis zum Einlass...
Nur Vierhundert Leute wurden hineingelassen, was angesichts der Größe des Raums (siehe rechts) auch zu empfehlen ist. Für einen Fünfer war man dabei und kam in den Genuss von drei Bands, doch bis dahin hieß es schnacken, trinken und Toilette. Überraschenderweise stolperte ich dabei in eine kleine Gesprächsrunde rund um einen Franzosen, der seit kurzem in Hamburg lebt und Auslöser einer Diskussion über Französischbücher, Politik und Oasis wurde. Als dann bereits ein Dutzend Leute das Klo besetzten und fiebrig den Ausstieg Noels reflektierten, kam kein Engel, sondern Dirk durch die Tür. Natürlich war seine Meinung gefragt, doch flüchtete er sich schnell durch die Ausrede "Oasis? Kenne ich nicht.". Schade drum, aber es dauerte nur eine Minute bis Rick hereinkam und ein wenig mehr Zeit für uns hatte. Natürlich sei alles schrecklich und so, eine Runde Lucky Strike Smooth Taste für alle Hungrigen und schon war er wieder weg. Die Floristen schmissen uns kurze Zeit später auch heraus, wir stellten ja ein Verkehrshinderniss für alle Pisser dar, also zurück in den Saal und den Vorbands Aufmerksamkeit schenken.
Kurz vor Mitternacht war es dann soweit: Tocotronic betraten die Bühne, grüßten die Schanze und bedankten sich dafür, dass sie nun zum 20. Jubiläum der Florabesetzung wieder hier spielen können, wo einst ihre Karriere begann. Das Konzert wurde nach draußen hin übertragen, da sich dort wohl mehr Menschen aufhielten, die das Konzert sehen wollten, als drinnen, laut genug war es allemal. Freiburg eröffnete ganz untypisch, aber als Warmmacher ideal, die Menge tobte, pogte und sprang laut grölend durch den Raum, eine Stimmung wie auf einem Punkkonzert, selbst bei neueren Liedern - die Hardcore-Fans kamen auf ihre Kosten. Dirk riss in einer Strophe der Gurt und setzte den Gesang abprupt aus, doch das Publikum sang wie auf Komando die Hütte zusammen, die Jungs von der Bühne blickten sich lächelnd an, draußen muss dies noch mehr Eindruck erweckt haben. Es wurde übrigens kein neues Stück gespielt, denn schließlich war das kein doofes Promo-Konzert, sonder ein Geschenk an alte wie junge Hasen der Toco-Fangemeinde - ein Fest.
Ich erwachte mit der Setlist in der Hand. Irgendwie war ich müde, die Uhr zeigte bereits 2 Uhr nachts und die Leute strömten aus der stickigen Bude nach draußen auf's Schulterblatt. Ein merkwürdiges Gefühl, wenn man aus dem alten Theater tritt und von den Stufen herab ein verdammt großes Publikum sieht, das alle Blicke nur auf die Fans von drinnen gerichtet hat, wie sie dort die Treppen herabsteigen, heldenhaft von der Schlacht wiederkehren.
Und heute: Meine weißen Pointer drehen Runden in der Waschmaschine, die Dreckskrusten weiche ich gleich in der Wanne auf, doch überlege ich noch fieberhaft, wie ich dieses Piepen aus den Ohren bekomme... Ich probier's mal mit ABBA.

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